Frida Kahlo
Leiden und Leidenschaften –
Die vor 50 Jahren gestorbene Frida Kahlo gilt als die bedeutendste
Malerin Lateinamerikas. Und sie ist eine Kultfigur des 20. Jahrhunderts.
Magdalena Carmen Frieda Kahlo y Calderón , wie sie richtig hieß, wurde am 6.7.1907 als dritte Tochter der Mexikanerin Matilde Calderón y Gonzalez und des aus Deutschland eingewanderten Wilhelm Kahlo in Mexico City geboren. Im Alter von 6 Jahren erkrankt Frida – wahrscheinlich war es Kinderlähmung - und muss neun Monate im Krankenhaus verbringen. Ihr rechtes Bein ist leicht verkrümmt und bleibt fortan im Wachstum zurück.
Frida besucht das Colégio Aleman und anschließend als eines der wenigen Mädchen die Escuela Nacional Preparatoria ,
wo sie sich in den avantgardistischen und politischen Zirkeln der Eliteschule bald einen Namen macht.
Am 17.9.1925 überlebt Frida Kahlo , in einem Bus sitzend , einen schweren Zusammenstoß mit einer Straßenbahn. Mehrere Menschen sterben am Unfallort. Eine Eisenstange bohrt sich in den Leib von Frida Kahlo. Sie erleidet zahlreiche Brüche (Schlüsselbein, Rippen, Lendenwirbel, Becken, Bein) und auch die Blase, der Bauchraum und die Vagina sind verletzt.
Frida Kahlo wird nie Kinder bekommen können, und muß sich im Laufe ihres Lebens 32 Operationen unterziehen.
Während monatelanger Krankenhaus-Aufenthalte beginnt die im Gipskorsett liegende Frida Kahlo intensiv zu malen, nachdem sie vorher schon einige Versuche gemacht und auch Zeichenunterricht genommen hatte.
1928 tritt Frida Kahlo in die Kommunistische Partei Mexikos ein und trifft Diego Rivera, den bereits weltberühmten Freskenmaler. Ein Jahr später heiratet sie den doppelt so alten Frauenhelden. Es entwickelt sich eine stürmische, schrecklich fantastische Liebesgeschichte. Die zwei starken Charaktere lieben sich leidenschaftlich, und sie betrügen sich mit wechselnden Partnern, sie trennen sich und lassen sich 1939 scheiden. Diego Rivera hatte neben vielen anderen eine Affäre mit der Schwester von Frida, diese wiederum mit Leo Trotzki, der in Mexico im Exil lebt, und dem Fotografen Nickolas Muray, sowie zunehmend auch mit Frauen. Der Mann ihres Lebens aber bleibt Diego Rivera, und schon 1940 heiraten die beiden wieder.
Frida Kahlo ist mittlerweile eine arrivierte Künstlerin. Sie stellt mit großem Erfolg in New York aus und nicht ganz so beachtet in Paris. Ihr Oeuvre befasst sich mit der eigenen Wirklichkeit; ihre Themen sind die Verletzlichkeit des Menschen, Sexualität und Erotik, Leiden, Einsamkeit und Tod. In den früheren Schaffensjahren finden wir sehr viele Selbstbildnisse, später stellt sie an sich selbst den Anspruch sich auch ideologisch auszudrücken.
Die letzten Jahre von Frida Kahlo sind ein nicht enden wollendes Martyrium. Krankenhausaufenthalt reiht sich an Krankenhausaufenthalt, Operation an Operation. Sie kann sich fast nur noch im Rollstuhl fortbewegen. Gegen die unerträglichen Schmerzen
nimmt sie Medikamente und Alkohol in großen Mengen. 1953 wird ihre erste Einzelausstellung in Mexico organisiert. Frida Kahlo wird mit dem Krankenwagen zur Eröffnung gefahren und nimmt auf einer Bahre liegend daran teil. Im selben Jahr muss ihr rechter Unterschenkel amputiert werden. Am 13.Juli 1954 stirbt Frida Kahlo nach langen Leiden an ihrer Geburtsstätte, dem „Blauen Haus".
Das „Blaue Haus" in Mexico City’s Vorort Coyoacán, Londres No 247, dient heute als Museum um an die als Mensch und Künstlerin außergewöhnliche Frida Kahlo zu erinnern. Außerdem sind der Öffentlichkeit zugänglich zwei Anwesen, in denen Frida Kahlo und Diego Rivera lebten: In San Ángel das Haus Diego-Rivera No 2, sowie das Museo Dolores Olmedo Patino in La Noria, Ave.Mexico No 5843. Insbesondere Letzteres ist dem Besucher sehr zu empfehlen: Es ist eine Hacienda aus dem 17.Jahrhundert in einem wundervollen Park mit vielen Blumen, Bougainvillea-Sträuchern, Fasanen, und einigen Exemplaren der präkolonialen Hunderasse Xoloitzcuintles. Das Museum beherbergt 144 Gemälde von Diego Rivera und 25 von Frida Kahlo, und neben vielem anderen einige der traditionellen Gewänder die Frida so gerne für ihren Diego trug.
Wer hier mehr über das spannende Leben von Frida Kahlo und ihr Werk erfahren möchte – ich konnte ja nur ein paar Stichworte geben -
dem sei die aufwändige Ausgabe „Frida Kahlo – Die Malerin und ihr Werk" von Helga Prignitz-Poda, erschienen im Schirmer/Mosel –Verlag, empfohlen. Das Buch besticht durch hervorragende Wiedergabe der Gemälde der Künstlerin und viel Hintergrundinformation. Störend ist einzig die Sucht der Autorin die Künstlerin über einen vermuteten Missbrauch durch den Vater zu erklären. Im gleichen Verlag sind noch weitere Bücher über Frida Kahlo erschienen, erst kürzlich „Frida Kahlo/Nickolas Muray – Ich werde Dich nie vergessen", wo man zwar nicht so viel über Frida Kahlo erfährt, sondern mehr über den Fotografen, dem sie sehr viel bedeutet haben muss. Muray der schon früh mit farbphotografischen Verfahren arbeitete hätte sich kein farbenprächtigeres und attraktiveres Modell als Frida Kahlo wünschen können. Die Künstlerin, deren Vater selbst als Fotograf wirkte und dem sie oft assistiert hatte, inszeniert sich vor der Kamera virtuos, insbesondere in mexikanischen Trachten, aber auch als Diva oder mit dem Pathos der sozialrevolutionären Aktivistin, die sie ja war, und natürlich als Malerin. Nicht in ihren Selbstbildnissen, aber hier in einigen der Fotos von Muray kann man erahnen welche Faszination diese Frau auf Männer und Frauen ausgestrahlt haben muss.
Sehr informativ ist auch das preiswerte im Taschen-Verlag erschienene Buch „Kahlo" von Andrea Kettenmann.
Heiko Trurnit