Philippinen
Als ich das erste Mal auf die
Philippinen gekommen bin ging ich gleich am Nachmittag des Ankunftstags zur
Immigration. Dort hat mich eine holde Dame unter ihre Fittiche genommen, und
mich von Büro zu Büro gelotst. Um 17 Uhr hatte ich meine Aufenthaltserlaubnis
für 6 Monate. Normalerweise dauert das Tage. Jetzt konnte ich reisen von Insel
zu Insel, wofür man in diesem Land viel Zeit brauchte, weil man sich nie sicher
sein konnte wann ein Schiff ging. Manch einen Tag habe ich in wartend in einem
Hafen verbracht.
Zuerst habe ich aber mal die
Freuden der Riesenmetropole Manila genossen, und mich dann aufgemacht in die
Berge von Luzon, und zwar in das - zumindest damals - schwer zugängliche Gebiet
der Ifugao, die auf den weltberühmten atemberaubenden Terrassen seit
zweitausend Jahren Reis anbauen. Mit ihrem Kopfschmuck und den traditionellen
hauptsächlich in Rot gehaltenen Gewändern geben diese Menschen ein farbenprächtiges
Bild ab. Wobei die Männer allerdings untenherum nur einen G-String tragen, oder
jedenfalls damals trugen, was die nackten Hintern besonders lustig erscheinen
ließ in einem modernen Gebäude wie einer Bank.
Danach wurde es dann richtig
abenteuerlich. Mit einer alten Lehrerin, die dort einmal tätig gewesen war, und
zwei anderen Touristen machten wir uns auf zum martialischen Volk der Kalinga
die gerade wieder mal in Fehde lagen mit der Regierung.Sie hatten sie den
einzigen Zugang zu ihrem Land , eine Brücke über den Fluss Chico, zerstört ,
damit das Militär sie nicht angreifen konnte. Ohne ihre alte Lehrerin wäre ein
Besuch bei ihnen nicht möglich gewesen, und den zu bewerkstelligen war gefährlich
genug. Die jungen Männer des Stammes mussten uns und das Gepäck durch den reißenden
Fluss bringen. Ich bin ja ein guter Schwimmer, aber alleine wäre ich da nie rüber
gekommen. Nachdem wir unsere Geschenke, Salz und Streichhölzer übergeben
hatten, wurden wir freundlich aufgenommen und durften an einer gerade
stattfindenden Totenfeier teilnehmen. Die Kalinga , frühere Kopfjäger, hatten
aufgrund ihrer kriegerischen Mentalität sowie ihres ziemlich unzugänglichen
Terrains ihre Kultur weitgehend erhalten. Die fast nackten, Pfeife rauchenden
,Frauen waren ein exotischer Anblick.
Richtig kriegerisch wurde es
auf Mindoro, aber mit zwei Australiern, die mich in ihrem Suff attackierten. Ein
kräftiger aber schon über 70jähriger Deutscher wollte mir zu Hilfe kommen und
schlug Einem zwei Bierflaschen auf den Kopf, nur hatte der Kurzsichtige in dem
Getümmel keinen meiner Angreifer erwischt sondern mich. So war nicht nur die
halbe Einrichtung in der Makeshift-Bar zertrümmert, sondern
beinahe auch mein Schädel. In den folgenden Tagen entzündete sich die große
Wunde stark, und wäre nicht ein deutscher Sanitäter gewesen der sie täglich
pflegte, wer weiß wie es ausgegangen wäre. Aber Mindoro ist eine schöne
Insel.
Das ist auch Mindanao, die südlichste.
In Manila hatte man mir gesagt, dass man dort nicht hin könne weil Krieg
herrsche zwischen den einheimischen Moslems und der Regierung. Es handelt sich
um einen jahrzehntelangen Konflikt, der dadurch herrührt, dass man in den Küstenregionen
christliche Filipinos von anderen Gegenden angesiedelt und die angestammten
muselmanischen Einwohner immer mehr ins Landesinnere verdrängt hat. Und es
wurde mir schon etwas mulmig als ich sah, dass die Zufahrtswege nach Cagayan
d'Oro, wo ich mit dem Schiff angekommen war, durch Soldaten gesichert wurden.
Alle paar Meter lag einer im Straßengraben. Ich entschloss mich daher, nicht über
Land nach Zamboanga zu reisen, sondern einen Flieger zu nehmen. Dort wohnte ich
im besten Hotel mit Blick auf den Hafen mit seinen überdimensionalen
Auslegerbooten. Am dritten Tag warnte mich jemand am Abend in die Stadt zu
gehen, ohne mir aber eine Erklärung zu geben. Ich blieb also im Hotel, und
trank ein paar Bier. Vielleicht eins zuviel. Ich versuchte nämlich durch eine
Glaswand zu laufen, die das übel nahm, und auf mich herunter kam. Ich machte
wohl eine Abwehrbewegung, auf jeden
Fall erlitt ich nur eine stark blutende Handverletzung. Schuld war natürlich
die Hotelleitung, weil man natürlich auf den Philippinen nicht gewohnt war,
dass Glas so sauber geputzt war dass man es nicht sah. Ich wurde ins Krankenhaus
gebracht, und da erfuhr ich wovor ich gewarnt worden war. Auf der Plaza, wie überall
der Mittelpunkt der Stadt, war ein Bombenattentat verübt worden. Es gab
zahlreiche Tote und Verletzte. Und die befanden sich jetzt alle im kleinen
Krankenaus , und zusätzliche jede Menge Verwandte und vielleicht auch
Schaulustige. Es herrschte totales Chaos. Das Personal war völlig überfordert.
So alle zehn Minuten kam mal einer zu mir, fragte "Was haben Sie?", und öffnete meinen provisorischen Verband, sodass das Blut wieder schoss. Schließlich näherte sich ein Arzt um mich zu nähen mit einem Besteck das auf einem blutbefleckten Kissen lag. Da habe ich Reißaus genommen, und in der Folge die Wunde selber behandelt. Sie war ja auch lange nicht so übel wie die von Mindoro. So habe ich zur Erinnerung an die Philippinen nicht nur ein paar Fotos sondern auch zwei Narben. Gerne denke ich an die Zeit zurück.
Heiko
Trurnit