Kanchanaburi  - Höhlen, Wasserfälle, Elefanten,

und die Brücke

 

In der Tagespresse ist es nicht  so richtig zum Ausdruck gekommen wovon ich mich vor Ort selber überzeugen konnte: Viele Inseln an Thailands Andaman-Küste wurden von der Flutkatastrophe im Dezember nicht  oder kaum betroffen, so zum Beispiel alle südlich von Koh Phi Phi , sowie Koh Chang und Koh Phayam in der Provinz von Ranong. Ansonsten sind die Schäden überall außer auf  Koh Phi Phi und in Koh Lak behoben.

 

In Thailand locken nicht nur die Strände. Neben den kulturellen Sehenswürdigkeiten wie den alten Königsstädten Sukkothai und Ayutthaya sind es vor allem auch die Bergregionen im Norden und Westen die die Touristen ins Land des Lächelns ziehen. Kanchanaburi – zwei Autostunden von Bangkok entfernt – ist der ideale Ausgangspunkt um die reizvollen an der Grenze zu Myammar (Burma) gelegenen Landschaften zu erkunden.

 

Die größte Attraktion von Kanchanaburi aber sind  zweifellos die Zeugnisse einer der düstersten Episoden des 2. Weltkrieges, des Baus der „Death Railway“. Am 7. Dezember 1941 hatten die Japaner Pearl Harbour bombardiert, noch im gleichen Monat begannen sie ihre Invasion in Indonesien, Borneo, Malaysia, Thailand und den Philippinen. Thailand leistete nur kurz Widerstand, arrangierte sich mit den Japanern, und erklärte Großbritannien und den USA den Krieg, eine Entscheidung der Regierung die vom Volk nicht mitgetragen wurde. Im Februar 1942 fiel  auch Singapore in die Hände der Japaner. Die Britischen Truppen mit 85 000 Mann ergaben sich bedingungslos den 25 000 japanischen Veteranen aus dem China-Krieg. Winston Churchill, der seine Landsleute aufgefordert hatte, bis zum Tod zu kämpfen, bezeichnete das als die verheerendste Niederlage in der Geschichte Großbritanniens.  Es folgte der Angriff auf Burma, und auf der Höhe seiner Macht im Jahre 1942 beherrschte Japan ganz Südostasien , Korea und große Teile Chinas.  Schnell mussten die Eroberer jedoch feststellen dass die Seehoheit den Allierten gehörte. Aus dieser Erkenntnis entstand der Plan des 415 km langen Eisenbahnbaus von Kanchanaburi in Thailand nach Burma um die dort stationierten japanischen Armeen zu versorgen, und im weiteren strategischen Denken eine Verkehrsverbindung von Singapore bis Indien und noch weiter zu schaffen.

 

Die Japaner verlegten in Gefangenschaft befindliche  Briten, Holländer, Australier und Amerikaner nach Burma und Thailand um am 16.9.1942 mit den Arbeiten an der Bahnstrecke zu beginnen. Die Bauzeit war ursprünglich auf mindestens 5 Jahre geschätzt worden, aber unter brutalstem Druck  auf die 61 000 eingesetzten Kriegsgefangenen und die mehr als  200 000 asiatischen Arbeiter – die meisten davon Zwangsarbeiter – wurde die „Death Railway nach nur 16 Monaten am 25.12.1943 fertiggestellt. Die Arbeitsbedingungen waren unmenschlich: Bei über 30 Grad schufteten die Gefangenen täglich 14 Stunden, manchmal auch 18. Zu essen gab es eine Schale Reis und manchmal eine wässerige Suppe. Wer krank war wurde mit Schlägen zur Arbeit getrieben bis er zusammenbrach. Cholera, Malaria, die Ruhr und tropische Geschwüre im Verein mit der Unterernährung und Folterungen forderten täglich rund 240 Opfer. 16 000 Kriegsgefangene und 100 000 Zwangsarbeiter mussten die unglaublichen Leiden mit ihrem  Leben bezahlen.

 

Symbol dieses unsäglichen Kapitels der japanischen Geschichte ist die Brücke über den River Kwai , durch David Lean’s Verfilmung des fiktiven Romans von Pierre Boulle weltberühmt geworden. Eine hölzerne Brücke, wie sie im Film dargestellt ist, hatten die Japaner als temporäre Lösung bauen lassen, schon im April 1943 aber wurde die   Stahlbrücke eröffnet , die heute das Wahrzeichen von Kanchanaburi ist. Mehrmals war sie von den Alliierten bombardiert, aber immer repariert worden, zuletzt nach Kriegsende.

Einen kleinen Eindruck von der Schwierigkeit des Baus der Bahnstrecke erhält man auf der Fahrt von Kanchanaburi nach Nam Tok, der heutigen Endstation. Zuerst durch Mais-, Zuckerrohr und Papayafelder führend, dann am Kwae Noi River entlang, auf den man schöne Ausblicke hat,  überquert der Zug an Steilhängen mehrere abenteuerliche Viadukte, die ursprünglich nur durch eine Unmenge Holzstangen gestützt waren, heute aber eine solidere Konstruktion besitzen.

 

Vor der River Kwai Brücke befindet sich das Kriegsmuseum, das eine japanische Lokomotive  und mehrere Fahrzeuge beherbergt , sowie durch gestellte Szenen die Zustände während des Baus der Bahn zu vermittelt versucht. Ein besseres Verständnis der katastrophalen Lebensbedingungen der Kriegsgefangenen bekommt der interessierte Besucher in dem vom Kloster Chaichumphon unterhaltenen Jeath War Museum. Hier steht eine originalgetreue Nachbildung einer für die damaligen Gefangenen üblichen langgestreckten beklemmend engen Unterkunft aus Bambusholz mit durchgehender Schlafpritsche. In ihr sind Fotografien, Zeitungsartikel und Memorabilien ausgestellt, die einen die Schrecken jener Epoche erahnen lassen.

 

Ein Teil der Kriegsgefangenen, die beim Bau der Death Railway umkamen, zumeist Briten und Holländer, sind in Kanchanaburi beigesetzt. 6982 Gräber hat der Kanchanaburi War Cemetery und 1750 der auf dem Gelände eines ehemaligen Camps gelegene Chonk-Kai War Cemetery. Neben Letzterem ist eine lang gewundene Höhle zu besichtigen, die den Japanern und ihren Gefangenen bei Luftangriffen als Schutz diente. Wirklich bewundernswert ist wie liebevoll die Soldaten-Friedhöfe von den Thailändern gepflegt werden.

 

Täglich kommen Reisebusse von Bangkok mit Tagesausflüglern, denen die Mahnmale des Krieges im Schnelldurchlauf vorgeführt werden. Dabei hat die Provinz von Kanchanaburi viel mehr zu bieten:  Eine großartige Landschaftsszenerie, charakterisiert durch zwei riesige Staudämme, malerische Flüsse, viele  Wasserfälle und Höhlen, die schon von Steinzeitmenschen bewohnt waren. Es lohnt sich ein paar Tage nach Kanchanaburi zu kommen, besser aber nicht am Wochenende, wenn Tausende von Bangkokianern einfallen, die es lieben auf Disko-Booten auf dem River Kwai Noi lautstarke Feste zu feiern. Zwei km weiter am River Kwai Yai reiht sich ein Guesthouse an das andere, manche mit sehr schönen Bungalows.  Ich empfand allerdings die am Tage vorbeiknatternden Schnellboote als störend. Im Zentrum, im bestens geführten V.L. Guesthouse, bekam ich ein kleines aber sauberes und gut ausgestattetes Zimmer mit Aircondition und Warmwasser für 7 Euro. Hier war ich auch in der Nähe der Geschäfte und Märkte, und unweit der schwimmenden Restaurants, wo man abends bei stimmungsvollem Ambiente in den Köstlichkeiten der Thailändischen Küche schwelgen kann.

 

Innerhalb der Stadt kommt man mit einem Motorradtaxi für 40 Cents von einem Ende zum anderen. Eine Alternative ist das Fahrrad. Für Fahrten in die weitere Umgebung kann man sich ein Leichtmotorrad mieten, das schon für 5 Euro zu haben ist. Für Ausflüge sollte sich der Unkundige aber vielleicht besser den lokalen Agenturen anvertrauen, wo man pro Tag je nach Programm zwischen 10 und 18 Euro bezahlt. Ich habe beste Erfahrungen gemacht mit der „Good Times Travel Services“, die bei tadelloser Organisation interessante Touren für kleine Gruppen zusammenstellt. Mit unserer lustigen Tourleiterin Muu waren die Trips das reine Vergnügen. (Muu heißt Schwein. Es ist eines der buddhistischen Jahres-Tierkreiszeichen die gerne als  Spitzname genommen werden, wie z.B. auch Huhn oder Ratte).

 

Highlights der Touren sind:

-          Besuch eines Karen-Dorfes mit Elefanten-Camp, Baden mit den Tieren im Fluß, Trecking. Die Karen sind Flüchtlinge aus Burma, wo ihr Volk seit über 50 Jahren für seine Gleichberechtigung kämpft.

-          Schwimmen und Wandern am Erawan-Wasserfall mit seinen sieben Kaskaden. Es ist vielleicht der schönste Wasserfall in ganz Thailand.

-          Erkundung einer der vielen Tropfsteinhöhlen. Besonders spektakulär sind die Lawa Cave und die Phra Tat Cave.

-          Besichtigung des Hellfire Passes an dem stillgelegten Teil der „Death Railway“, wo die immensen Probleme des Baues besonders deutlich werden, mussten doch bis zu 25 m  tiefe Einschnitte in den Fels gehauen werden, zum größten Teil mit Handwerkzeugen.

-          Rafting auf einem der vielen Wasserwege.

-          Besuch des Tiger-Tempels, eines von Mönchen betreuten Asyls für Tiere verschiedenster Art: Gibbons, Pfaue, Wildschweine, Rehwild, Büffel und natürlich Tiger, die man aus allernächster Nähe betrachten kann. Mir war schon ziemlich mulmig bis auf drei Meter an sie heranzugehen ohne jeglichen Schutz.

 

Auf die wahren Naturliebhaber warten der Saiyok Nationalpark und das Gebiet um den Srinakharin Staudamm, wo es viele Unterkunftsmöglichkeiten gibt, zumeist auf dem Wasser. Wer Näheres wissen möchte, erkundigt sich beim effizienten staatlichen Tourist Office in Kanchanaburi. Die beste Reisezeit ist nach der Regenzeit, ab Oktober bis Dezember. Dann sind die Wasserfälle wirklich beeindruckend. Erträglich ist das Klima auch danach, aber es wird zunehmend heißer. Und im Mai beginnt die Regenzeit.

 

Thailand ist wie eine Droge. Wer einmal dort war, den zieht es immer wieder hin. Was einen in diesem Land so aufleben lässt,  ist die Freundlichkeit und der Charme der Menschen, ihre herzerfrischende Fröhlichkeit. Ich glaube, es war Joseph Conrad der es so oder so ähnlich formulierte: Wer Asien nicht kennt, weiß nichts von der Welt.

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Heiko Trurnit