Die
Deutsch-Türkischen Beziehungen
Im Kontext der EU
Der Gipfel von Erdogan, Juncker und Tusk in Varna hat nur die Bestätigung gebracht für das was wir ja alle ohnehin wissen: Der Graben zwischen der Türkei und der EU ist sehr sehr tief. Und die direkten Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind auch nicht besser. Aber, und das müssen wir uns immer vor Augen halten, es handelt sich hier um die Relationen von staatlichen Gebilden, nicht um die von Menschen.
Anlässlich der Konferenz über die deutsch-türkischen Beziehungen in Belek am 23.03.2018 hat es der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen, auf den Punkt gebracht: Staaten kennen keine Freundschaft, Völker ja. Das in Zeiten des Trends zu fundamentalistischer Außendarstellung völlig falsch gezeichnete Bild in Politik - und teilweise auch der Medien -
darf uns nicht davon abhalten alles zu tun dass die seit Jahrhunderten, besonders seit Atatürk, bestehenden freundschaftlichen Bande trotz Krisen und Enttäuschungen nicht zerreißen. Umso mehr als Millionen Mitbürger türkischer Herkunft gesellschaftlich, kulturell und wirtschaftlich ein respektabler und zu respektierender Teil dieses Landes sind. Viel zu wenig bekannt ist dass 70 000 türkische Unternehmen wesentlich zur Prosperität Deutschlands beitragen.
Der Beitritt der Türkei ist zur Zeit nicht realistisch, nicht zuletzt aufgrund der gegenseitigen Schmähungen. Die Beeinträchtigung von Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in der Türkei sowie ihrer Rolle in Syrien bereitet Sorge, auch die Beleidigungen Andersstämmiger durch ignorante deutsche TV-Moderatoren oder die Angst schürende AfD. Aber die Tür zum europäischen Staatenbund ist für die Türkei nicht geschlossen. Günter Verheugen sagt: "Europa kann eine globale politische Rolle ohne die Türkei nicht spielen, und für die Türkei
gibt es keine ernsthafte Alternative. Die langfristigen strategischen Interessen unserer Länder sind unverändert."
Trotz der zuletzt frustierenden Entwicklung in der Politik sollten wir, die Menschen, alle Kommunikationswege offen halten, uns schätzen, miteinander reden, der Fehlentwicklung gegensteuern. Und uns nicht davon abhalten lassen in die Türkei zu reisen. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amts war ja ohnehin mehr ein politisches Druckmittel als ein ernstzunehmende Maßnahme zum Schutz der Bürger. Soweit mir bekannt ist gab es dort nicht einen einzigen Fall der Verhaftung eines Deutschen nicht-türkischer Abstammung. Und darauf besinnen sich nun erfreulicherweise Viele und reisen wieder vermehrt an die türkische Küste, wie der Bürgermeister von Serik und die örtlichen Vertreter der Wirtschaft des Raums Antalya bestätigen konnten. Die Bettenauslastung des Robinson Clubs Nobilis in Belek ist schon beinahe doppelt so hoch wie letztes Jahr um diese Zeit. Und die Sonne scheint da genauso wie früher, das Meer hatte jetzt im März schon 17 Grad. Die Küche ist immer noch eine der besten und vielseitigsten der Welt. Selbst die Buffets sind gut - das im Robinson das tollste von dem ich mich jemals bedienen durfte - aber noch köstlicher oft die Gerichte die man zu verhältnismäßig niedrigen Preisen in kleinen traditionellen Restaurants bekommt. Nirgendwo schmecken Auberginen, Spinat, Kürbis oder Tomaten so herrlich wie hier, zubereitet mit viel Gewürzen und Olivenöl, in ungeahnten Variationen. Ja, und ich lasse es mir nicht nehmen auf den Spuren Alexanders des Großen zu wandeln in einem Land in dem Griechentum und orientalische Kultur zu einer die gesamte damalige Welt umfassenden neuen Bildung verschmolzen, dem Hellenismus. Vielleicht nur noch in Italien gibt es so viele Spuren der Antike wie in der Türkei, zum Teil gut erhalten oder hervorragend restauriert, wie Pergamon, Ephesos, Milet oder Aspendos, um nur ein paar zu nennen. Und last but not least darf sich der Deutsche darauf verlassen, wie kaum sonst irgendwo so herzlich empfangen zu werden. Schon auf dem Hinflug zur Konferenz in Belek/Antalya hat ein junger in Deutschland lebender Türkei seinen Reiseproviant mit mir geteilt, eine von seiner Frau selbstgebackene Delikatesse.
So sind Menschen, das ist das wahre Bild. Heiko Trurnit
Bilder: http://www.heiko-trurnit.de/Tuerkei.htm