Einmal
Thailand, immer Thailand - Episoden aus 30 Jahren
1970 oder 71 war ich das
erste Mal in Thailand. Da gab es noch keine Billigtickets, die Economy kostete
um 4000 DM. Aber zwei Reiseveranstalter flogen schon zweimal die Woche nach
Bangkok. Wenn ihre Chartermaschinen nicht ausgebucht waren, konnte man auf dem
grauen Markt einen der freien Plätze ergattern, allerdings als Standby. Und wie
es kommen musste, als ich mit Neckermann nach vier Wochen zurück
fliegen wollte, war die Maschine total überbucht. Es herrschte totales
Chaos. Mit Zusagen freien Aufenthalts für eine Woche konnte ein Teil der
Passagiere dazu bewegt werden ihre Abreise zu verschieben. Übrig blieben sechs
Typen, die darauf bestanden mitgenommen zu werden, weil sie am nächsten Tag
arbeiten mussten. (Wahrscheinlich würde das heute keinen mehr kratzen). Der
Reisebegleiter begab sich also noch mal in den Flieger, und konnte tatsächlich
sechs Leute bewegen wieder auszusteigen und noch ein Weilchen im Lande zu
bleiben, wenn auch ohne Koffer, die waren ja aufgegeben. So bald sie
ausgestiegen waren, schlossen die Türen und die Maschine flog aufgrund eines
Kommunikationsfehlers mit sechs leeren Plätzen davon. Und der Reiseführer
musste rennen, die düpierten Passagiere wollten ihn verprügeln. Ironie des
Schicksals: Er war in dem Jahr auf der Titelseite des Veranstalter-Katalogs
abgebildet.
Ich hatte das Vergnügen das
alles mit ansehen und dann wieder zurück nach Bangkok fahren zu dürfen. Mein
Geld war alle, aber ich hatte ja Freunde gefunden, und damals war die
Gastfreundschaft der Thailänder wirklich sprichwörtlich.
Sie gaben mir Unterkunft und Essen, und wir waren jeden Abend weg, sie zahlten
alles, und das für zwei Wochen. So lange dauerte es bis ich nach vier
vergeblichen Fahrten zum Flughafen endlich weg kam.
In der Zwischenzeit bin ich
an die 30 Mal nach Thailand gereist. Ein absoluter Höhepunkt einer der frühen
Trips Anfang der Achtziger war das
Trekking im Golden Triangle zwischen Thailand, Laos und Myanmar (damals noch
Burma). Zuerst hatte ich mich in Chiangmai umgeschaut, aber da erschienen mir
die angebotenen Touren doch ziemlich kommerziell und ausgelatscht, damals
schon.Ich bin dann weiter nach Chiangrai. Dort habe ich mit dem jungen Mann, 22
Jahre alt, der mich durch die Berge führen sollte, vereinbart, dass er kein
Geld bekommt, wenn wir unterwegs auch nur einem Touristen begegnen. Und das sind
wir auch nicht. Es wurde eine harte Tour. Den ersten Tag ging es nur steil nach
oben, es folgten täglich stundenlange Märsche bei brütender Hitze zu den Dörfern
der Akha und Lisu, den dort in den über 1000 Meter hohen Bergen lebenden
Minoritäten . Ich glaube, zum Teil
waren wir auf burmesischem Gebiet.Viele Poppy Fields habe ich gesehen, auf denen
der Mohn angebaut wurde für das Opium, von dem die Menschen hauptsächlich
lebten.
In manch einem Dorf in dem
wir auftauchten - in einem war ich der erste weiße Mensch überhaupt -
verschwanden die Frauen und Kinder ängstlich in ihren Hütten, und ich musste
mich dann selbst in einer Hütte auf die Lauer legen um sie fotografieren zu können.
Wir hatten uns immer beim Dorfobersten anzumelden, in dessen Hütte wir auch
aufgenommen wurden,
und für die Honoratioren ein
kleines Fest zu arrangieren mit Geschenken, die wir mitgebracht hatten, und
einem guten Essen für das ich Hühner kaufte und einmal auch ein Ferkel. An
Schlafen war allerdings kaum zu denken, da die Männer fast die ganze Nacht
Opium rauchten, und dabei immer schneller redeten, wobei die Unterhaltung immer
mehr zu einer Art Singsang wurde. Ganz im Gegensatz zu den Büchern, die ich
gelesen hatte, wo die Leute in Opiumhöhlen dahin dämmerten. Und
erstaunlicherweise waren die Burschen morgens um 7 Uhr schon wieder beim
Arbeiten. Eins bereue ich bis heute, nämlich dass ich, der sonst nie hat etwas
anbrennen lassen, das Opium nicht
ausprobiert habe.
Den
Abschluss des Abenteuers bildete eine Floßfahrt auf einem Fluss, die eine
Wohltat war für meine geschwollenen schmerzenden Füße.
Zeitsprung von über 20
Jahren: Weihnachten 2004. Wie seit langem war ich wieder einige Monate auf Koh
Mook, einer wunderschönen kleinen Insel, bis dahin ziemlich unverdorben vom
Tourismus. Es gab nur eine Bungalow-Anlage. Am frühen Morgen des 26. Dezember
schlug der Tsunami zu. Plötzlich ging das Wasser rasend schnell zurück, die
draußen dümpelnden Boote saßen auf einmal auf dem Sandboden. Dann kam eine
aus der Ferne eine riesige schwarze Wand mit einem Donnergrollen dass mich an
die Luftangriffe im zweiten Weltkrieg erinnerte. Wir hatten das Glück, eine
Dame aus Kalifornien bei uns zu haben, die erkannte worum es sich handelte. Und
sie schrie: "Ein Tsunami, ein Tsunami, lauft !" Und wir rannten den
hinter der Anlage aufsteigenden Hügel hinauf. Da blieben wir einige Stunden,
die Einheimischen aber drei Tage. Man muss sich mal vorstellen, die Fischer
glaubten das Meer in- und auswendig zu
kennen, über Generationen haben sich die Erfahrungen angesammelt, und dann das
was es seit Menschengedenken nicht gegeben hatte. Ein schwerer Schock für die
Leute. Da das Meer dort ziemlich flach ist waren die Folgen auf der Insel lange
nicht so verheerend wie in Phuket, Ko PhiPhi und Khao Lak. Es gab "nur
"vier Tote. Die Schäden waren jedoch beträchtlich. Ein Teil der
Pfahlbauten war weg gefegt worden, die meisten standen noch, waren aber
ratzefatz leer weil das Wasser alles mitgerissen hatte. Und für Monate musste
das Trinkwasser vom Festland gebracht werden, weil die Brunnen alle versalzt
waren. Schlimm war was die Hilfsorganisationen anrichteten, zwischen denen es
heftige Auseinandersetzungen gegeben hatte, wer helfen dürfe.. Sie brachten es
fertig unter Leitung eines Amerikaners, der kein Wort Thai konnte und keinen
Durchblick hatte, , dass die Leute nicht mehr arbeiteten, sondern nur noch auf
die Verteilung mehr oder weniger nutzvoller Güter warteten. Nicht wer am
meisten geschädigt worden war erhielt am meisten, sondern der der am besten
jammern konnte. Wer es fertig brachte auf dem Festland ein altes Bootswrack
aufzutreiben und es als Tsunami-Opfer auszugeben, konnte ein neues Boot im wert
von mehreren Tausend Euro bekommen. Es säte Neid und Zwietracht im Dorf, die
Harmonie einer intakten Gemeinschaft war dahin. Da halfen den Moslems auch die
gelieferten Stöße englischsprachiger Bibeln nicht.
Reist man viel, wird man auch
mal krank. In Songkhla, einer Stadt im Süden, musste ich
mit 41 Grad Fieber, Übelkeit und nicht enden wollendem Durchfall in ein
Krankenhaus gebracht werden. Ich wurde in einen großen Saal gelegt, der in der
Mitte durch eine ein Meter hohe Mauer getrennt war in eine Männer- und eine
Frauenabteilung, im prüden Thailand eine wirklich ungewöhnliche Unterbringung.
Anschließend an den Saal befand sich das Zimmer des Pflegepersonal. Die
Verbindungstür war immer offen, so dass ein guter Kontakt zwischen Patient und
Stationsschwester gegeben war. Nur leider plärrte von dort auch der Fernseher
Tag und Nacht. Bei der Arztvisite hörte ich mit, dass der Mann der im nächsten
Bett lag Cholera hatte. Da war ich doch einigermaßen entsetzt. Mit der
Krankheit muss einer doch in die Quarantäne. Na ja, als ich wieder aufstehen
konnte, sah ich das Große Schild vor der Tür :"Quarantänestation.
Zutritt verboten!". Und die ganze Zeit waren Verwandte und Freunde zu
Besuch, manche blieben auch über Nacht, in dem sie sich vom Stuhl
aus auf das Bett ihrer Lieben legten.Vielleicht hatte ich da ja
Hepatitis.
Viele Jahre später nämlich
war ich auf dem Gesundheitsamt in München um meine Tetanus-Impfung
aufzufrischen. Als die behandelnde Dame erfuhr, dass ich nach Indien wollte,
meinte sie, da bräuchte ich auf jeden Fall auch eine Vorsorge gegen Hepatitis.
Als ich ihr antwortete, dass ich mich schon seit 30 Jahren in den Tropen und
Subtropen herumtreibe, ohne irgendwelche weiteren Schutzimpfungen zu machen,
sagte sie, da könne es sein, dass ich schon Antikörper habe. Ich befolgte
ihren Rat und ließ das untersuchen. Nach einer Woche rief sie mich an und sagte
mir, dass ich Hepatitis A und B habe. Es seien drei Stadien möglich: Latent,
chronisch und ausgeheilt. Weitere Untersuchungen ergaben dann zu meiner
Beruhigung, dass beide Formen ausgeheilt waren. Jetzt bin ich immun dagegen.
Einmal Thailand, immer
Thailand.