TÜRKEI - Land
der Kulturen
Die
Südägäische Küste
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich sehr unzureichende und auch falsche Kenntnisse von dem Land hatte als ich vor kurzem in die Türkei flog, und das obwohl ich vor längerer Zeit schon mal für 4 Tage in Istanbul war – Städtereisen sind immer interessant, sagen aber meist wenig aus über Land und Leute.
Ich musste mir erst wieder vergegenwärtigen, dass das Gebiet der heutigen Türkei jahrtausendelang Zentrum der Weltkulturen war, dass hier Griechentum und orientalische Kultur verschmolzen zu einer die gesamte damalige Welt umfassenden neuen Bildung, den Hellenismus.
Auf den Pfaden Alexander des Grossen, auf denen der Apostel oder auf denen der Römer: In keinem Land gibt es so viel Spuren der Antike wie in der Türkei, wie mir der Kulturhistoriker Dr. Horst Schäfer-Schuchardt bestätigte. Überwältigend sind die zum Teil hervorragend restaurierten Stätten von – um nur einige zu nennen - Troja, Pergamon, Ephesos, Milet, Perge oder Heracleia. Fasziniert haben mich aber auch die unzähligen kleinen Ruinen, auf die man allerorten trifft, und die zum großen Teil noch ihrer Auswertung harren.
Es war mir nicht bekannt gewesen, dass sich in dem Land ein den Alpen ähnliches Gebirge mit Höhen von durchschnittlich 2500 - 3000 m über fast 600 km Länge erstreckt : das Taurus-Massiv. Von fast allen Badeorten im Süden können Sie zu den – bis Mai schneebedeckten - allgegenwärtigen Gipfeln hinaufschauen.
Es müsste ein unverdorbenes Paradies für Bergwanderer sein, wohl aber mit wenig Infrastruktur.
Jetzt weiß ich auch, dass die türkische Küche eine der besten und vielseitigsten der Welt ist. Selten außerhalb Asiens habe ich so vorzüglich gegessen wie in der Türkei. Selbst die Buffets in den großen Hotels sind gut, aber köstlicher meist noch die Gerichte, die man zu verhältnismäßig niedrigen Preisen in den kleinen traditionellen Restaurants bekommt: Nirgendwo schmecken Aubergine, Spinat, Kürbis oder Tomate so herrlich wie hier, frisch zubereitet mit viel Gewürzen und Olivenöl, in ungeahnten Variationen.
Doch zu den Stationen meiner Reise:
Ausgangspunkt war Izmir , die lebendige Metropole an der Ägäischen Küste. Sehenswert ist die Altstadt mit ihrem Basar, das archäologische Museum und Izmir’s älteste – aus dem 17. Jahrhundert stammende - Kirche St. Polycarp. Von außen ist der Bau eher unscheinbar, aber innen von umso größerer Schönheit . Izmir, das alte Smyrna, heute Bischofssitz, ist die einzige überlebende Kirche der sieben Kleinasiatischen Kirchen, von denen die Offenbarung des Heiligen Johannes spricht. (Das Wort „Kirche“ bedeutet im biblischen Sinne eher Gemeinde als Gebäude).
Für den Urlauber interessant ist das nahe gelegene Cesme, ein nicht so stark überlaufener Ferienort mit netter Atmosphäre. Der Name bedeutet „Brunnen“ und kommt von den vielen Thermalquellen auf der Halbinsel. Viele Hotels wie das Süzer Paradise Hotel (außerhalb, gute Surfbedingungen) oder das Sheraton Hotel (Badeabteilung unter deutscher Leitung) haben eigene Heilquellen und bieten vielseitige Wellness-Therapien an. Die Strände und das Meer sind sauber, das Klima ist mild und im Sommer wesentlich angenehmer als das der Mittelmeer-Küste im Süden des Landes. Während der Saison verkehren einmal wöchentlich Autofähren zwischen Cesme und Venedig, Ancona und Brindisi.
Circa 70 km südlich von Izmir, nahe der Stadt Selcuk, liegt Ephesos, dessen Besuch sich kein Besucher des Landes entgehen lassen sollte. Gegründet im 6. Jh. v. Chr. war Ephesos in der Zeit der Griechen und Römer eine glanzvolle Handels- und Provinzhauptstadt, sein Artemis-Tempel, eins der Sieben Weltwunder, der bedeutendste Wallfahrtsort Kleinasiens. Die zunehmende Versumpfung des Hafens bewirkte schließlich den Untergang der Stadt, die im 6. Jh. von den letzten Einwohnern verlassen wurde. Die unter österreichischer Leitung ausgegrabenen und restaurierten Ruinen stammen hauptsächlich aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. Herausragen das imposante Theater für 24 000 Zuschauer und die prachtvolle Fassade der Celsus-Bibliothek, die selbst beim Laien Bewunderung hervorruft.
Auf einem nahen Hügel stehen die sehenswerten Reste der riesigen Johannes-Basilika, die Kaiser Justinian um 550 über dem vermuteten Grab des gleichnamigen Evangelisten errichten ließ. Dieser soll zusammen mit Maria nach Ephesos geflohen sein, die hier sieben km entfernt von der Ausgrabungsstätte in einem Haus inmitten von Fichtenwäldern ihren Lebensabend verbrachte. Identifiziert und zur Wallfahrtsstätte ausgebaut wurde das Haus nach detaillierten Beschreibungen der stigmatisierten deutschen Nonne Anna Katharina Emmerich (1774-1824), der es in ihren Visionen erschienen war.
Auf der Weiterfahrt lassen wir die betriebsamen Ferienhochburgen Kusadasi und Didim (Apollo-Tempel!) aus und machen Halt am etwa 50 qm großen idyllischen Bafa(Gölü)-See inmitten eines bergigen Naturschutzgebietes. Olivenbäume säumen seine Ufer, im See liegen romantische kleine Inseln mit byzantinischen Klöstern und Kirchen. Herrliche Wanderungen erwarten den Naturliebhaber. Wer die Ruhe sucht ist hier richtig. Und die zentrale Lage ist ideal für Tagesausflüge in die Berge, zu den antiken Stätten oder zu den Hafenstädten der Ägäis. Unterkunft bieten kleine Pensionen im Dorf Kapiriki oder der einsam gelegene Club Natura Oliva.
Wer es lebhaft will sollte nach Bodrum gehen, das jährlich ein paar Hunderttausend Besucher anlockt. Die Strände der Halbinsel – die besten befinden sich an der südlichen Küste -sind ziemlich zugebaut, aber es soll auch noch ein paar ruhigere Ecken geben. Die eigentliche Attraktion aber ist die Stadt, deren weiße Häuser sich an den Hängen um den internationalen Yachthafen drängen. Überragt wird der Hafen von dem mittelalterlichen Kastell St. Peter, von dem man herrliche Blicke auf die Stadt und den Hafen hat. Beim Bau der Burg im 15. Jahrhundert verwendeten die Ritter des Johanniter-Ordens Materialien aus den Ruinen der monumentalen Grabstätte von König Mausolos (4.Jh.v.Chr.) , die ebenfalls zu den Sieben Weltwundern zählte. Die Burg beherbergt heute ein äußerst sehenswertes Museum für Unterwasser-Archäologie mit Funden, deren älteste aus der Frühen Bronzezeit stammen.
Bodrum ist ein Magnet für türkische Künstler und Bohèmiens, und nicht nur bei den Touristen besonders beliebt wegen seines internationalen Flairs, den exquisiten Restaurants, dem in der Türkei einzigartigen Nachtleben. Eine Stadt für Genießer.
Und Bodrum ist ein beliebter Startpunkt für Seereisen. Hier werden die traditionellen „Gulet “ gebaut, die heute dazu dienen, acht bis zwölf Gästen die verborgenen Schönheiten der Türkischen Küste zu vermitteln. Diese sogenannte „Blaue Reise“, meist einwöchig, kann bei jedem namhaften Reisebüro gebucht werden. Das Unternehmen „Radurlaub ZeitReisen“ bietet eine interessante Alternative : Das Inselhüpfen, eine Kombination von Badekreuzfahrt und Aktivurlaub, wobei die Erkundung zu Lande auf dem Fahrrad erfolgt. In der Saison kann man von Bodrum auch mit der Fähre zur Halbinsel Datca fahren, und von dort weiter nach Marmaris, Fethiye, Kas und Antalya.
Marmaris, die letzte Station unserer Reise entlang der südlichen Ägäis, hat den größten Hafen. Auch hier kann man Yachten chartern, mit oder ohne Mannschaft, die „Blaue Reise“ antreten, oder einfach mit einer Fähre weiterreisen (Es gibt sogar eine Fähre nach Rhodos). Das von Bergen umrahmte Städtchen hat sich trotz eleganter Hotels und Restaurants noch etwas die Atmosphäre eines Fischerortes bewahrt. Empfehlenswert ist das nahe gelegene Icmeler, ein überschaubarer angenehmer Ferienort in einer geschützten Bucht; die Ausläufer der Berge erstrecken sich bis zum Strand. Den Fotografen erwarten phantastische Sonnenaufgänge und landeinwärts - ein paar Minuten zu Fuß – ein Dorf mit malerischen Impressionen.
Von Marmaris aus wartet noch die Mittelmeerküste mit grandiosen Landschaften und ihren zahllosen Stränden. Und auch die Schwarzmeerküste dürfte sehr vielversprechend sein mit vergleichsweise noch wenigen Besuchern aus dem Ausland. Anatolien gibt es zu entdecken, die Nationalparks mit ihren Bergen, Seen und Wäldern Die Türkei ist zweimal so groß wie Deutschland. Das türkische Tourismus-Ministeriums ist bemüht, das Land mehr als Ganzjahres-Ziel zu etablieren und es nicht
nur als Bade-, sondern vermehrt auch als Natur- und Kultur-Erlebnis näher zu bringen. Allerdings mussten wir feststellen, dass viele Fähren und Sammelbusse „Dolmus“ genannt, zum Teil erst ab Mai in Betrieb gehen.
Es leicht ist, das Land auf eigene Faust zu bereisen, am bequemsten und schönsten mit dem Wagen. Die Strassen in den Küstenregionen sind gut, der Verkehr diszipliniert. Fernbuslinien verbinden die Städte in kurzem Zeittakt. Für kürzere Strecken und Fahrten zu abgelegenen Orten benützt man den Minibus „Dolmus“, eine Art Sammeltaxi, das man überall anhalten kann. Erkenntlich ist es an einem gelb-schwarz-karierten Band; ein Schild an der Windschutzscheibe zeigt das Ziel an. Für längere Fahrten mit einem normalen Taxi sind sehr günstige Preise auszuhandeln. Hotels und/oder preiswerte Pensionen- oft sehr einfach, aber meist sauber – findet man in jedem Ort, manchmal mit Hilfe von Einheimischen, von denen viele Deutsch oder Englisch sprechen. Bei Pauschalreisen sollte man darauf achten, dass die Hotels nicht zu sehr außerhalb liegen, was leider meist der Fall ist.
Heiko Trurnit